CHINESE WHISPERS
3.6. - 11.7.2012
Text zur Ausstellung
Wer kennt es nicht, dieses Spiel „Stille Post", auf das der englische Ausstellungstitel verweist, bei dem Worte oder Sätze von Einem zum Nächsten geflüstert werden und am Ende der Reihe mit komisch-absurden Verdrehern der Information die Spielteilnehmenden erstaunen. Das Unerwartete der Veränderung, das Verrückte des Ausgangsmaterials macht die Spannung und Fantasie dieses Spiels aus. Die Künstlerin Uta Päffgen sieht darin eine „Metapher für den künstlerischen Prozess, die Transformation von Idee in Material und wieder in eine neue Idee" (UP).
Der Titel ist auch in anderer Weise zu verstehen, im Sinne eines performativen Aktes jener künstlerischen Transformation, wie er bei der chinesischen Tuschezeichnung im Mittelpunkt steht. In der chinesischen Tradition ist nicht eine definitive Bildlösung das Ziel, sondern die Künstler versuchen, der Bewegung habhaft zu werden, dank derer die Dinge ständig und beinahe unmerklich von einem Zustand in den nächsten übergehen. So ist „Landschaft" im Chinesischen sprachlich als „Berge-Wasser" umrissen. Und der Künstler versucht im Bild, zum Beispiel einer Landschaft, nicht das Abbildhafte jener zu erfassen, sondern vielmehr ihre Prozesshaftigkeit und ständige Modifikation. Dem Zeichnen geht dafür eine geistige Entleerung und daraus resultierende Erweiterung und Konzentration voraus, mit der jede zielorientierte Darstellungsintention verlassen werden kann, um sich geistig frei durch das Konkrete bewegen zu können. Dann gelingt der alles entscheidende erste Strich, der in seiner Vollkommenheit alle möglichen weiteren Striche enthält, wie von selbst. Für Uta Päffgen handelt es sich bei diesem Prozess um eine Übersetzung bzw. Transformation in das Abstrakte, die ihrer Meinung nach die Qualität dieser Malerei ausmacht.
In ihren Werken thematisiert die Künstlerin ebenfalls den Prozess des Malens selbst, auch wenn sie nicht direkt den meditativen Weg der chinesischen Tradition aufgreift. Päffgens Werke entstehen durch einen fluiden, gestischen Farbauftrag, bei dem Pinselspur über Pinselspur, Farbschicht über Farbschicht gelegt wird. Mal streng wiederholend, mal verspielt verbindend entstehen durchscheinende oder dichte Schichtungen, welche in einem Zusammenspiel von modernistischer Flächigkeit (flatness) und Materialität der Farbe die Faktur des Bildes betonen. Es ist eine Mischung aus dem Fließenlassen einer körperlichen Bewegung und dem kontrollierten Folgen einer inneren Logik, mit der Uta Päffgen ihre Bilder „choreographiert" (UP).
Anne Fäser